Städel Mixtape

In der Muse­ums­welt haben Pod­casts – jeden­falls hier­zu­lan­de – lan­ge auf sich war­ten las­sen. Da könn­te ich den Zei­ge­fin­ger heben und alt­klug rufen »Typisch Muse­en! Immer so lang­sam!« Doch lang­sam muss ja nicht schlecht bedeu­ten. Speer­spit­ze für gefühlt alles Digi­ta­le im Muse­ums­be­reich und auch spe­zi­ell bei Muse­ums­pod­casts ist das Stä­del Muse­um in Frank­furt am Main.

Das Kunst­mu­se­um mit 200-jäh­ri­ger Geschich­te schoss 2019 sei­nen ersten Pod­cast in die Charts: »Fin­ding van Gogh«. In fünf qua­si True-Crime-Epi­so­den geht es um Vin­cent van Goghs letz­tes Gemäl­de, das »Por­trät des Dr. Gachet«, sein Ver­schwin­den und die Fra­ge, wo das berühm­te Bild heu­te sein könn­te. Die Pro­duk­ti­on bescher­te dem Muse­um jede Men­ge Hörer*innen und wur­de mit Grim­me- und ande­ren Prei­sen über­häuft.

Ich möch­te jedoch auf einen ande­ren Pod­cast hin­aus, das »Stä­del Mix­tape«. Das gibt es auch schon etwas län­ger – momen­tan läuft die 30. Epi­so­de –, aber wer sagt schon, dass man hier nur über neue Medi­en schrei­ben darf. Was mir so gut am Stä­del Mix­tape gefällt: Es geht dar­um, visu­el­le Kunst­wer­ke mit­hil­fe von Musik zu erfah­ren, frei nach dem Mot­to »Ein Kunst­werk – ein Sound­track!«

Dazu hat sich das Stä­del Muse­um mit dem Web­ra­dio­sen­der ByteFM, dem »Radio für gute Musik«, zusam­men­ge­tan. In jeder Fol­ge kommt die Musik­jour­na­li­stin Liz Rem­ter (in den ersten Epi­so­den Till Kober) auf ein Kunst­werk aus der Samm­lung des Stä­del zu spre­chen. Sie kom­bi­niert dazu ihre Deu­tun­gen, Geschich­ten und Asso­zia­tio­nen mit pas­sen­den Musik­stücken. So ein­fach, so toll!

In der ersten Fol­ge bei­spiels­wei­se geht es um Max Beck­manns »Selbst­bild­nis mit Sekt­glas«. Klar, dass es hier um die Gol­de­nen Zwan­zi­ger gehen wird, jeden­falls zunächst. Der arme Max schaut im Bild aller­dings auch ein biss­chen gequält drein und somit sind neben Jazz und Cham­pa­gner eben auch Kriegs­trau­ma und Iso­la­ti­on The­men der Sen­dung. Dazu gibt es etwa Musik von den White Stripes (»I Just Don’t Know What To Do With Mys­elf«), Gang of Four (»We Live As We Dream, Alo­ne«) oder Charles Min­gus (»Self-Por­trait in Three Colors«).

Oder Bet­ti­na von Arnims »Hosenträger«-Gemälde: das Bild eines Maschi­nen­men­schen, eines Cyborgs, der bedroh­lich von oben her­ab­blickt. Ent­stan­den 1970, in einer Zeit, in der Tech­nik, Welt­raum und Sci­ence-Fic­tion die Mas­sen begei­ster­ten, schnei­det die Epi­so­de aller­dings auch The­men wie Dys­to­pie, Unter­drückung und Umwelt­zer­stö­rung an; mit­hil­fe von Kraft­werk (»The Man Machi­ne«), Tube­way Army (»I Near­ly Mar­ried A Human«) bis Björk (»Jóga«).

So ist jede der etwa drei­vier­tel­stün­di­gen Fol­gen auch immer ein Ritt durch die Musik­ge­schich­te und ‑gen­res; unnö­tig zu sagen, dass die Stücke auch als Play­list bei Spo­ti­fy ver­öf­fent­licht wer­den. Das Stä­del Mix­tape ist jeden­falls fester Bestand­teil mei­ner Abon­ne­ment-Liste. Ich habe lan­ge über­legt, ob ich auch was Nega­ti­ves berich­ten kann. Lei­der nein! Emp­feh­lung also für alle, die Kunst und Musik lie­ben!


Stä­del Muse­um & ByteFM
Stä­del Mix­tape
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